Synodaler Weg
Kardinal Rainer Maria Woelki hat davor gewarnt, dass
der Reformdialog Synodaler Weg in eine "deutsche Nationalkirche"
führen könnte. "Das schlimmste Ergebnis wäre es,
wenn durch den Synodale Weg hier so etwas wie eine deutsche Nationalkirche
entstehen würde." Zugleich zog Woelki eine positive Bilanz der jüngsten Diskussionen auf dem Synodalen Weg, die wegen der Corona-Pandemie in fünf regionalen Konferenzen geführt wurden. Die kleineren Teilnehmerkreise hätten einen besseren
Austausch der Argumente ermöglicht, als dies in der Synoden-Vollversammlung
der Fall gewesen sei. Kritik übte Woelki am theologischen Niveau einiger
Arbeitspapiere des Synodalen Wegs und erklärte: "Die gesamte
Welt schaut momentan auf die Kirche in Deutschland und auf diesen Synodalen
Weg, da können wir es uns einfach nicht erlauben, uns theologisch
durch Unbedarftheit zu blamieren." Er forderte Theologinnen und
Theologen von innerhalb und außerhalb des Weges auf, sich stärker
in die Debatte einzubringen. Zugleich äußerte er die Hoffnung, dass es
dem Synodalen Weg gelingen könne, "eine wirkliche Reform anzustoßen,
die auf jeden Fall in der Kirche notwendig ist". Diese Reform müsse
"alle Erscheinungsbilder und Wirklichkeiten, die vom Wesen der
Kirche weggeführt haben, korrigieren". Es gehe darum, die
Kirche nicht als ein "rein soziologisches Gebilde" zu verstehen,
sondern zu begreifen "dass sie Werk Gottes ist". Ziel jeder
Kirchenreform müsse eine Annäherung an Christus und seine
Botschaft sein. Der Kardinal beklagte, viele Katholiken wüssten
nicht mehr, "wer Christus ist, was die Kirche ist, sie wissen nicht
mehr, was ein Sakrament ist, was die sakramentale Struktur der Kirche
ist". Die Rede von "unserer Kirche" kritisierte Woelki
und sagte: "Es ist vor allen Dingen Seine Kirche. Und damit gibt
es Vorgaben, die unserer Verfügungsgewalt entzogen sind." |
Christentum, Judentum, Islam: Wie Religion radikal wird
Von Christoph Paul Hartmann | Bonn - 06.08.2020
Religiöse Radikalisierung ist immer wieder Thema in den Medien, vor allem, wenn es um den Islam geht. Doch Mitglieder aller Religionen können heute radikal werden - und das hat manchmal nur sehr wenig mit dem Glauben zu tun: Oft sind es viele Ursachen, die sich gegenseitig beeinflussen. Mitten im pulsierenden Leben New Yorks gibt es Menschen,
die davon nichts mitbekommen: Denn im Stadtteil Williamsburg leben chassidische
Gemeinden, Mitglieder von ultraorthodoxen jüdischen Gruppen, die
sich der Welt um sie herum völlig verschließen und deren
Leben aus der Befolgung strengster Regeln besteht. Gleichzeitig sorgt
der islamistische Terrorismus für Angst und Schrecken oder junge
Männer ziehen in christlicher Mission "für Gott"
in die Ostukraine, um dort gegen das "schwule, dekadente Europa"
zu kämpfen. |
Einfache Antworten auf komplexe
Fragen In einer solchen Situation können diese jungen Menschen dann auf Leute treffen - in der Schule oder Freizeit, zum Teil auch im Gefängnis -, die ihnen scheinbar einfache Antworten und Erklärungen für ihre Situation liefern: In dieser (vorgeblich ungläubigen) Gesellschaft könnten sie eh nichts erreichen. Sie müssten sich auf ihre Wurzeln besinnen und sich wehren, dann könnten sie stark sein. Die krisengebeutelten Jugendlichen kommen jetzt mit einer radikalen Gruppe in Berührung, die ihnen mit einer klaren, schlichten Ideologie Halt und ein Selbstwertgefühl gibt. Der französische Politikwissenschaftler Olivier Roy fasst sie zusammen als jene, "die nach einem sehr profanen Leben (Clubs, Alkohol, Kleinkriminalität) plötzlich zur Religiosität zurückfinden, und zwar entweder individuell oder in einer kleinen Gruppe (nie im Rahmen einer religiösen Organisation)", schreibt er in seinem jüngsten Buch "Ihr liebt das Leben, wir lieben den Tod". Es ist wichtig festzuhalten, dass diese Radikalisierung kaum in herkömmlichen religiösen Zusammenhängen stattfindet. Es radikalisieren sich nicht in erster Linie die bereits Religiösen, sondern die, die mit Religion vorher nicht viel zu tun hatten. Gruppen bilden sich entweder um eine starke Persönlichkeit herum oder es handelt sich um "eine Gruppe Kumpels oder Freunde, die sich mal seit der Kindheit kennen, mal im Gefängnis oder auch in einem Ausbildungslager begegnet sind", formuliert es Roy. In diesen Gruppen beginnen nun innere Prozesse, die die Mitglieder weiter radikalisieren: Sie fangen an, sich gegenseitig zu beobachten; jeder will der Beste, der Frommste, der Radikalste sein. Nach außen hin schließen sie sich immer mehr ab, Kontakte zu Familie und Freunden werden oft auf Eis gelegt. Diesen Schließungsprozess hat der Osnabrücker Islamwissenschaftler Michael Kiefer anhand einer Chatgruppe radikaler islamischer Jugendlicher erforscht: "Die Mitglieder haben sich gegenseitig aufgefordert, mit Angehörigen nicht mehr über bestimmte Dinge zu reden, sie über ihre Motive zu belügen und zu täuschen. Als einer aus der Gruppe zu einem Beratungsangebot musste, wurde ihm von der Gruppe vorgegeben, was er sagen sollte." |
Vatikanbehörde wehrt sich gegen unberechtigte Erwartungen Von Roland Juchem (KNA) Die Hauptvorwürfe: Der Text entspreche
nicht dem Stand der Diskussion. |
Weite Felder der Gender-Forschung würden
ausgelassen, ebenso wenig medizinische, psychologische oder sozialwissenschaftliche
Studien zur Thematik genannt. Auch mit Betroffenen sei nicht genügend
gesprochen worden. Auf scharfe Kritik stößt etwa der Hinweis
im vatikanischen Dokument, in Fällen, in denen das körperliche
Geschlecht einer Person nicht klar bestimmt ist, seien "es professionelle
Mediziner, die einen therapeutischen Eingriff vornehmen können".
Für die Organisation "Homosexuelle und Kirche" (HuK)
ist dies ein Aufruf "zu Menschenrechtsverletzungen an intersexuellen
Kindern". In der Bildungskongregation verteidigt man sich mit dem Hinweis, die Vorwürfe gingen sowohl an der Aufgabe der Kongregation wie am Anliegen des Textes vorbei. Eine umfassende Auseinandersetzung mit dem Thema "Gender" sei nicht beabsichtigt. Vielmehr wolle man auf die seit Jahren bei rund zwei Drittel aller Ad-limina-Besuche gestellten Rückfragen von Bischöfen antworten. Diese wollten wissen, wie sie und die Verantwortlichen ihrer Schulen und Universitäten sich zu dem kontroversen und oft diffus diskutierten Thema verhalten sollten. Dabei ist immer wieder von Vorwürfen, vor allem aus Afrika, zu hören, westliche Geldgeber verlangten Gender-Mainstreaming oder LGBT-Themen in der Schule, bevor sie Entwicklungsprojekte unterstützen. Dem Vernehmen nach gipfelt derartige Kritik am "ideologischen Neokolonialismus" des Westens in den Vorwürfen: Wir müssen erst unseren Kindern sagen, dass sie genauso gut schwul oder lesbisch leben können, damit sie Brunnen bekommen, um trinken zu können. Fragt man genauer nach, wo und wie Entwicklungshilfe mit derartigen Bedingungen verknüpft sei, wird es dünn. Genannt wird etwa ein Besuch der US-Demokratin Hillary Clinton in Uganda in ihrer Eigenschaft als Vorsitzende der Clinton-Stiftung, bei der sie die Beachtung der Gender-Thematik als Bedingung für Hilfszusagen gemacht habe. Auch der damalige britische Premier David Cameron soll 2011 eine entsprechende Drohung bei einer Commonwealth-Konferenz ausgesprochen haben, was nach der Familiensynode 2014/2015 wiederholt als Beispiel derartiger Bevormundung genannt wurde. Zwar können Menschenrechtsfragen in der Entwicklungszusammenarbeit nicht ausgeklammert werden. Gleichzeitig sind sich entsprechende Organisationen in der Ablehnung zu starker Konditionierung von Hilfen weitgehend einig. |
Aus extrem konservativen Kreisen wird immer wieder
der Vorwurf erhoben, Gender-Theorie sei eine "totalitäre
Ideologie", angetreten, die Zweigeschlechtlichkeit des Menschen
zu leugnen und zu beseitigen. Wohl auch darauf bezieht sich das Dokument
der Bildungskongregation, wenn es Gender-Vorstellungen kritisiert,
die "Manipulationen des Körpers nach Belieben" befürworten.
Es gelte Gender-Forschung und Gender-Ideologie zu unterscheiden, so
der Präfekt der Kongregation, Kardinal Giuseppe Versaldi. |
Eine etwas ausführlichere Auseinandersetzung mit dem Thema Gender und Sexualität könnte in Kürze von der Päpstlichen Bibelkommission kommen. Die 20 Mitglieder zählende Kommission, deren aktuelle Amtszeit mit dem Jahr 2019 endet, hat dem Papst ein Dokument zur biblischen Anthropologie vorgelegt. In rund 190 Seiten geht sie unter anderem auf die Frage Mann/Frau, Homosexualität ein. Der Ansatz jedoch ist weiter gefasst: "'Che cosa è l'uomo?' (Ps 8,5). Un itinerario di antropologia biblica" (Was ist der Mensch? Eine Wegbeschreibung biblischer Anthropologie). |
Mit dem Ruf nach "Selbstbestimmung"
wurde der Schutz des Lebens an seinem Ende ausgehöhlt. In der neuen
Abtreibungsdebatte gerät nun der Beginn des Lebens ins Visier.
Von CHRIST IN DER GEGENWART 6.1.2019 |
Es zeichnet sich ab: 2019 könnte entscheidend dafür werden, wie wir als Gesellschaft mit dem Leben an seinem Beginn umgehen. Bereits das gesamte letzte Jahr über schwelte im politischen Berlin ja die Debatte über die Neuregelung von Paragraf 219a des Strafgesetzbuchs, der die sogenannte Werbung für Abtreibungen verbietet. Die Heftigkeit, mit der dabei gestritten wurde, zeigt, dass es manchen Kreisen um deutlich mehr geht als "nur" um bessere Informationsmöglich-keiten für Schwangere in Gewissensnöten. So mancher will die in harten Kämpfen gefundene, letztendlich bewährte deutsche Regelung kippen: Abtreibung ist demnach als Tötung mensch-lichen Lebens ein Unrecht und daher verboten - wird aber in den ersten drei Schwangerschafts-monaten strafrechtlich nicht verfolgt, wenn sich die Betroffene über Hilfsmöglichkeiten beraten lässt. Nur mit größter Mühe fanden die Regierungs-parteien kurz vor Jahresende einen Kompromiss in der "Werbe"-Frage. Aber das Thema ist nur vertagt: In abgewandelter Form dürfte es wiederkehren, wenn der Bundestag darüber debattiert, ob die gesetzlichen Krankenkassen den vorgeburtlichen Bluttest auf das Down-Syndrom bezahlen sollen. Auch da geht es darum, wie die Gesellschaft ungeborenes Leben schützt, letztlich darum, welche Gesellschaft wir anstreben. Denn neun von zehn Frauen entscheiden sich schon jetzt für eine Abtreibung, wenn sie erfahren, dass bei ihrem Kind auch nur ein erhöhtes Risiko für eine Behinderung besteht. Soll man das gewissermaßen gutheißen, indem der Gentest zum Regelkatalog der Krankenkassen erhoben wird? |
Lange Zeit ging es vor allem um das Lebensende, bei dem in der Politik, in den Medien einer vermeintlichen Selbstbestimmung das Wort geredet wurde, als wäre es der höchste Ausdruck menschlicher Freiheit, sich bei schwerster Krankheit selbst zu töten. Nun also hat man den Beginn des Lebens ins Visier genommen. Die Nöte und Probleme ungewollt Schwangerer sollen
dabei in keiner Weise kleingeredet werden. Aber allzu oft wird auch
hier mit der "Selbstbestimmung" argumentiert: dass ein Kind
nur dann erwünscht ist, wenn es zur persönlichen und beruflichen
Situation "passt". Tragisch ist, dass die Kirche aufgrund der Missbrauchsskandale ihre Glaubwürdigkeit in wesentlichen ethischen Fragen eingebüßt hat. Wie wichtig wäre jetzt, angesichts eines anders-lautenden gesellschaftlichen Mainstreams, ihre Botschaft für das Lebensrecht der Schwächsten, Behinderten, derer, die keine Lobby haben. Haben wir nicht an Weihnachten gefeiert, dass Heil durch
ein Kind in die Welt kam, dessen Geburt Maria und Josef sicher auch
nicht "passte"? Und dieser Tage steht ein Fest im Kalender,
bei dem drei "Könige" vor dem Wunder des Lebens die Knie
beugen. |
Wie leicht kann man die Volksseele zum Kochen bringen. Der Historiker Wolfgang Benz über
das "Lernen aus der Geschichte" |
Am 9. November 1938, vor 80 Jahren, entlud sich bei den Novemberpogromen
in Deutschland Gewalt gegen Juden, Synagogen und Geschäfte. Der
Historiker und Extremismusforscher Wolfgang Benz erklärt die Bedeutung
dieser Ereignisse und deren Folgen bis heute. © Herr Benz, welche Bedeutung hatten 1938 die Geschehnisse
vom 9. November? © Was war die Folge? © Wie hat man damals darüber geredet? |
© In Chemnitz wurde unlängst ein jüdisches Restaurant
angegriffen. Hegen Sie Befürchtungen? © Jetzt sprechen Sie über Muslime. © Der Hass lässt sich zum Beispiel besonders leicht entfachen, wenn schwere Straftaten von muslimischen Einwanderern bekannt weden. BENZ: Naja, man liest auch vono schweren Straftaten, welche katholische
Priester begangen haben. Aber man verdammt deshalb nicht jeden Katholiken
in Grund und Boden. Ein Straftäter ist ein Straftäter, unabhängig
von seiner Herkunft oder Religion und muss dafür zur Rechenschaft
gezogen werden. Deshalb dürfen aber nicht alle, die sozusagen die
gleiche Jackenfarbe tragen, automatisch als Straftäter behandelt
werden. © Lernen Menschen denn nicht aus der Geschichte? |
Noch gibt es Vorbehalte
Erstmals konservative Rabbinerin in Deutschland ordiniert |
Noch nie wurde in Deutschland eine konservative Rabbinerin ordiniert. Deshalb war es eine Premiere, als jetzt im Großen Saal des Gemeindehauses der Jüdischen Ge-meinde zu Berlin das Zacharias Frankel College seine erste Absolventin zur Rabbinerin zum geistlichen Amt bestellte. Die bisher einzige konservative Gemeinde-Rabbinerin in Deutschland, Gesa Shira Ederberg von der Synagoge Oranienburger Straße in Berlin, wurde 2002 in Jerusalem ordiniert. Nizan Stein Kokin, Jahrgang 1974, stammt aus Ittersbach in Baden-Württemberg und hat ihre Ausbildung als erste Absolventin des konservativen/Masorti Rabbi-nerseminars an der School of Jewish Theolo-gy der Universität in Potsdam abgeschlossen. Der hebräische Begriff "Masorti" bedeutet "traditionell", und Gläubige, die sich dieser Ausrichtung des Judentums verbunden fühlen, stehen zwischen dem liberalen und dem orthodoxen Zweig ihrer Religion. Rabbiner Zacharias Frankel (1801-1875), dessen Namen das College in Berlin trägt, gilt vielen als Vordenker des Mittelwegs zwischen jüdischer Orthodoxie und klassischer jüdischer Reform-bewegung. Er war Gründungsdirektor des Jüdisch-Theologischen Seminars in Breslau, das von 1854 bis 1938 bestand. Die Frauenordination ist im Judentum international seit Jahrzehnten üblich. Gegenwärtig gibt es etwa 1000 Rabbinerinnen weltweit - davon etwa 40 in Europa, und in den jüdischen Gemeinden in Deutschland wirken aktuell sieben Frauen im geistlichen Amt. Deutschland war wegweisend bei der Frauenordination im Judentum. Weltweit erste ordinierte Rabbinerin war die Berlinerin Regina Jonas. 1935 erhielt sie ihre Smicha, doch 1944 wurde sie im KZ Auschwitz-Birkenau umgebracht. "Regina Jonas war Anfang 40, als sie in Auschwitz ermordet wurde. |
Für mich hat das einen ganz persönlichen Bezug, weil ich auch gerade Anfang 40 bin, und ich hoffe, dass ich im Seelischen oder im Persönlichen in ihre Fußstapfen treten kann", sagt die neue Rabbinerin Stein Kokin. Liturgie ist ihr wichtig. Rabbinerin wollte sie auch werden, weil sie einerseits die jüdischen
Gottesdienste und die Liturgie wichtig findet und andererseits aktiv
im Gemeindeleben für die Menschen mitwirken will. Im Gespräch
betonte sie: "Ich mache das, weil ich Gott, die Tora und das jüdische
Volk liebe." Zu den Schwerpunkten ihrer Rabbinerinnen-Ausbildung
in Potsdam, Berlin und Los Angeles zählten Bibel- und Talmudstudium,
jüdisches Gesetz und Brauchtum sowie die praktische Ausbildung
mit Seelsorgeseminaren. In die USA wird die neue Rabbinerin nach ihrer
Ordination erst einmal zurückkehren, weil sie dort ein interessantes
Jobangebot erhielt. Offensichtlich haben es Rabbinerinnen in den jüdischen Gemeinden Deutschlands noch schwer akzeptiert zu werden. Rabbiner Walter Homolka vom Abraham Geiger Kolleg, der zugleich Geschäftsführer des Zacharias Frankel College ist, meint dazu: "Ich glaube, dass es Frauen in jüdischen Gemeinden schwer haben. Aber die Gleichberechtigung der Frau schreitet auch bei uns voran. Diejenige, die sich für diesen Beruf entscheidet, muss sich darüber
im Klaren sein, dass sie einen schweren Weg geht. Unser Ziel ist natürlich,
dass das Rabbinat kein Prekariat wird, sondern dass Frauen diesen Beruf
auch glücklich ausüben." |
"Europa verrät seine christlichen Werte" Von Steffen Zimmermann |
Im katholisch.de-Interview erklärt er, was sich an der Situation
etwa im Mittelmeer dringend ändern müsse. Mit Verweis auf eine veränderte Sicherheitslage haben zahlreiche
Hilfsorgansationen in den vergangenen Tagen ihre Seenotrettung auf dem
Mittelmeer vorerst gestoppt. Pater Frido Pflüger beobachtet diese
Entwicklung mit großer Sorge. Im Interview mit katholisch.de spricht
der Direktor des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes in Deutschland über
mögliche Folgen für die Flüchtlinge, die in Afrika auf
ihre Weiterreise nach Europa warten. Außerdem übt er scharfe
Kritik an der Abschottungspolitik der Europäischen Union und empfiehlt
stattdessen Uganda als Vorbild für den Umgang mit Flüchtlingen. Frage: Pater Pflüger, in den vergangenen Tagen haben zahlreiche
Hilfsorganisationen mit Verweis auf Angriffe der libyschen Küstenwache
ihre Seenotrettung für Flüchtlinge auf dem Mittelmeer weitgehend
eingestellt. Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation?
So hilft der Jesuiten-Flüchtlingsdienst: In Italien, wo weiterhin viele Flüchlinge ankommen,
betreibt der Jesuiten-Flüchtlinsdienst unter dem Namen "Centro
Astalli" mehrere Anlaufstellen für geflüchtete Menschen.
Dort können die Betroffenen ein warmes Essen und andere Hilfen
bekommen; für besonders Schutzbedürftige werden auch Notunterkünfte
angeboten. Außerdem hilft der Flüchtlingsdienst bei der Suche
nach einer Wohnung und einer Arbeitsstelle. In Deutschland bietet der
Dienst Flüchtlingen unter anderem Rechtsberatung an, unterstützt
sie in Kirchenasyl und Abschiebehaft und engagiert sich in der Berliner
Härtefallkommission. Frage: Welche Forderung haben Sie angesichts der aktuellen
Entwicklung an die Politik? |
Frage: Wie kann das konkret aussehen? Pflüger: Eine erste Maßnahme wäre es, die gemeinsame
europäische Seenotrettung mindestens auf den Umfang auszubauen,
wie es Italien 2013 mit der Operation "Mare Nostrum" vorgemacht
hat. Außerdem könnten Familienzusammenführungen, humanitäre
Visa und großzügige Flüchtlingskontingente vielen Menschen
die gefährliche Flucht über das Mittelmeer ersparen. Klar
ist: Wenn 65 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht sind, kann einer
der reichsten und wirtschaftsstärksten Kontinente der Welt nicht
einfach abseits stehen. Mit ihrer momentanen Abschottungspolitik verrät
die EU doch alle ihre humanistischen und christlichen Werte. Oder, wie
Papst Franziskus es vor einiger Zeit ausgedrückt hat: Europa verliert
seine Seele. Frage: Hat Europa seine Seele in dieser Hinsicht nicht längst
verloren? Bis heute streiten die EU-Mitglieder über die Verteilung
der Flüchtlinge in Europa; ein solidarisches Miteinander ist
nicht absehbar... Frage: Aber mit einer bloßen Änderung der Regeln in Europa
ist es doch wohl nicht getan. Frage: Noch einmal zurück zur aktuellen Frage der Seenotrettung.
Müsste nicht auch die Kirche mit ihren Institutionen hier unmittelbarer
selbst aktiv werden, um Menschen vor dem Ertrinken zu retten? Konkret
gefragt: Könnte der Jesuiten-Flüchtlingsdienst die entstandene
Lücke bei der Seenotrettung kurzfristig schließen? |
ECUMENE:
GEMEINSAME REISE INS
HEILIGE LAND
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Als einen "bedeutsamen Schritt zur Versöhnung der beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland" haben der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm, und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, die gemeinsame Pilgerreise ins Heilige Land bewertet. Zugleich riefen sie Religionen und Gesellschaft im Heiligen Land auf, einen Weg des Friedens und der Verständigung einzuschlagen. Zum Abschluss ihrer Reise veröffentlichten EKD und Deutsche Bischofskonferenz eine gemeinsame "Christusbotschaft": "Unsere gemeinsame Mission für unser Land ist noch nicht vollendet. Wir sind zuversichtlich, dass das Christusfest 2017
zu einem glaubwürdigen Zeugnis für Gott wird und uns über
dieses Jahr hinaus auf unserem Weg zur vollen sichtbaren Einheit stärkt",
heißt es in dem gemeinsamen Papier. "Auf dem Weg zu unseren gemeinsamen Wurzeln haben wir erlebt, wie unsere ökumenische Verbundenheit an Tiefe und Stärke gewonnen hat", sagte Kardinal Marx bei einem Pressegespräch in Jerusalem. "In der Begegnung mit den Heiligen Stätten haben wir gespürt, wie tief wir als Jüngerinnen und Jünger Jesu in seiner Nachfolge miteinander vereint sind." Erinnert worden seien sie aber auch daran, dass katholische und evangelische Christinnen und Christen einander in den vergangenen 500 Jahren viel angetan hätten. "Gemeinsam bitten wir Gott um Heilung dieser schmerzlichen Erinnerungen", so Kardinal Reinhard Marx. Als schmerzlich haben die Teilnehmer der
Pilgerreise durch das Heilige Land auch den ungelösten Konflikt
zwischen Israelis und Palästinensern empfunden. Zugleich würdigten
sie den Beitrag, den die im Heiligen Land lebenden Christinnen und Christen
zum Gemeinwohl und für ein friedliches Zusammenleben mit Juden
und Muslimen leisten. "Wir haben den Pilgerweg ins Heilige Land
auch eingeschlagen, um uns zur Umkehr rufen zu lassen." Es sei
Auftrag der Kirchen, "gemeinsam einzutreten gegen jegliche Form
von Antisemitismus und Rassismus, die unsere Beziehungen vergiften und
den Frieden gefährden", heißt es in dem gemeinsam veröffentlichten
Text. "Der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern hat
viele Verlierer auf beiden Seiten. Die fortgesetzt auftretende Gewalt
zeigt, wie zerbrechlich der Frieden ist, den dieses Land so dringend
braucht." |
"Wir haben gelernt, mit den Augen des anderen zu sehen. Das ist eine ganz starke Grundlage für den ökumenischen Geist des Reformationsjubiläums", so der bayerische Landesbischof. "Bei der Feier von Eucharistie und Abendmahl haben wir aber auch gespürt, dass die versöhnte Verschiedenheit ein anspruchsvolles Ziel ist. Es ist ein Schmerz, wenn die tiefgefühlte Gemeinschaft nicht auch am Tisch des Herrn ihren Ausdruck finden kann." Auf dem Pilgerweg durchs Heilige Land hatte die gemeinsame Delegation von jeweils neun Vertretern der beiden Kirchen biblische Stätten am See Genezareth, auf dem Weg nach und in Jerusalem besucht. Außerdem führten sie Gespräche mit Vertretern
aus Kirche und Politik. Dabei wurden sie unter anderem von Israels Staatspräsident
Reuven Rivlin und dem Botschafter Palästinas beim Heiligen Stuhl,
Issa Qassassieh, empfangen. Die Delegation besuchte auch die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem und gedachte der Millionen Juden, die in der Shoah ermordet wurden. Die gemeinsame Pilgerreise der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der EKD endet mit einem ökumenischen Gottesdienst in der Jerusalemer Dormitio-Abtei. |
KNA-Nachrichten Die Türkei wird ein immer schwierigerer Ort für Christen |
Liebe Leserinnen und Leser, unter Präsident Recep Tayyip Erdogan wird die Türkei
für Christen ein zunehmend unangenehmer Aufenthaltsort. Im Interview
mit katholisch.de erklärt Timo Güzelmansur, wie schwierig
die Lage der Christen dort wirklich ist. "In der Türkei gibt
es eine Kultfreiheit - die Christen dürfen also ihren Glauben innerhalb
der Kirchenmauern ausüben. Alles weitere, was noch mit echter Religionsfreiheit
verbunden wäre, bleibt ihnen jedoch verwehrt.", sagt er.
Zuletzt häuften sich Berichte über Kirchenschließuungen
und Enteignungen. Darin wird eine ablehnende Haltung gegenüber
dem Christentum deutlich, sagt Timo Güzelmansur. Der Theologe leitet
die Stelle für christlich-islamischen Dialog der Deutschen Bischofskonferenz.
Im Interview erklärt er, wie schwierig die Lage der Christen in
der Türkei wirklich ist. Frage: In letzter Zeit häufen sich Nachrichten
über Kirchenschließungen in der Türkei. Ist das Zufall
oder steckt dahinter ein System? Frage: Wie stellt sich die Lage der Christen in der
Türkei dar - können sie ihren Glauben frei leben? Frage: Die christlichen Gemeinden und Kirchen in
der Türkei haben keinen "geregelten Rechtsstatus" - was
heißt das genau? |
Frage: Wie viele Christen gibt es in der Türkei
und welchen verschiedenen Konfessionen gehören diese an? Frage: Wie funktioniert das Zusammenleben zwischen
Muslimen und Christen? Frage: Derzeit hat man den Eindruck, dass die Türkei
ihre informelle Machtstellung wegen des Flüchtlingsabkommens mit
der EU politisch ausnutzt. Leiden darunter auch die Christen vor Ort? In den vergangenen Monaten wurden in der Türkei
in mehreren Städten Kirchen verstaatlicht: Erst am vergangenen
Donnerstag ließ die Meldung aufschrecken, dass der türkische
Staat das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel enteignen
will. Von Gabriele Höfling KNA April 2016 |
FLÜCHTLINGE
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Die Zahl der Flüchtlinge, die in Deutschland
ankommen, wächst immer weiter. Die Bundesländer und die Kommunen
werden in diesem Jahr ihre finanziellen und personellen Anstrengungen
verdoppeln müssen, um ihren Pflichten bei ihrer Unterbringung, ihrer
Betreuung und Versorgung nachzukommen. Sie müssen kurzfristig weitere
Flüchtlingsunterkünfte aufbauen und die Betreuung der Menschen
organisieren. Die Ministerpräsidenten. die Vertreter der kommunalen
Spitzenverbände und Bürgermeister gleich welcher Parteizugehörigkeit
fordern zu Recht eine höhere finanzielle, materielle und personelle
Beteiligung des Bundes an dieser Aufgabe. Besonders in den Kommunen sind
die unmittelbar beauftragten Mitarbeiter bereits jetzt, so kann man lesen,
bis an ihre Leistungsgrenze belastet.
Vor diesem Hintergrund machen Meldungen über Proteste und Gewalttaten vor aktuellen oder zukünftigen Flüchtlings-unterkünften nachdenklich. Die Statistik verzeichnet bis heute über 150 solcher Übergriffe im ersten Halbjahr 2015. Zu den jüngsten gehören die gewaltsamen Proteste in der Dresdner Friedrichstadt, bei der Worte und Böller. Flaschen und andere Gegenstände flogen, bei Leipzig haben Unbekannte auf eine Unterkunft geschossen, bei Ingolstadt brannte eine geplante Asylunterkunft. Die Liste lässt sich noch lange fortsetzen. Es ist richtig, dass deutsche Bischöfe und Kirchengemeinden,
geweihte und nicht-geweihte Christen unmissverständlich ihre Stimme
gegen Gewalt erheben. "Wir beugen uns nicht der Gewalt. Wir anerkennen
die Verpflichtung einer wohlhabenden |
Gesellschaft. Flüchtlingen zu helfen",
stellt Bischof Norbert Trelle klar, in der Deutschen Bischofskonferenz
für Migrationsfragen zuständig. Wer angesichts der jüngsten
Vorkommnisse schweigt oder wegsieht, der verrät die christliche Werteordnung.
"Nicht ein Hauch eines Zweifels ist erlaubt: Wo Flüchtlinge
bedroht sind steht die Kirche an ihrer Seite". mahnt ihr Vorsitzender
Kardinal Reinhard Man.
Die Taten christlicher Gemeinden in ganz Deutschland unterstreichen diese Worte. Wer sich die Berichte auf der Internetseite www.aktion-neue-nachbarn.de anschaut, erhält einen Eindruck von den Aktionen, die von katholischen Gemeinden. aus religiösen Gemeinschaften. Verbänden und Initiativen ausgehen. Dieser Nächstenliebe kann sich jeder Christ gerne anschließen oder einen eigenen Beitrag leisten. Das ist der Ausdruck einer "Willkommenskultur", zu der Kardinal Rainer Maria Woelki seit 2014 aufruft. Deshalb ist es neben dem Protest gegen Übergriffe
auf Flüchtlinge und ihre Unterkünfte für das gesellschaftliche
Klima in Deutschland auch wichtig, daran zu erinnern, zu welchen helfenden
Anstrengungen Mitbürger bis heute für Flüchtlinge und
Asylsuchende bereit sind. Bernhard Raspels, KZKöln |
STIMMEN ZUR STERBEHILFE
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Der Spiegel konstatierte: "Es geht nicht um den schnellen, einfachen Ausweg. Auch eine liberale Gesellschaft ist gut beraten, hohe Hürden zwischen dem ersten Todeswunsch und der tatsächlichen Sterbehilfe zu errichten. Oft ist dieser Wunsch bei Patienten nicht nachhaltig, oft ändern sie ihre Meinung, wenn sie mit jemandem über ihre Ängste reden können - vor allem wenn ihnen Perspektiven aufgezeigt werden, wie ein würdevoller Lebensabend gelingen kann. Dazu müsste der Staat weit mehr in Hospize und die schmerz-lindernde Palliativmedizin investieren, aber ein würdiger Tod ohne Sterbehilfe scheitert in Deutschland bislang auch am Geld. (...) Ein Verfahren, das Ärzten wie Patienten gerechter würde, könnte die Schaffung vieler kleiner Ethikräte sein: in jeder Kommune - besetzt mit Ärzten, Psychologen, Seelsorgern, Juristen, staatlich legitimiert, aber nicht kontrolliert. (...) Ethikräte könnten eher leisten, was Bundesregierung oder Bundestag niemals leisten können: dem einzelnen Schicksal gerecht zu werden. (...) Am Ende stünde ein Rat, auf den sich der Arzt berufen könnte. Moralisch wie juristisch. Auch dies wäre keine eindeutige Lösung. Aber pauschale Regelungen verbieten sich, wenn es um die letzten und heikelsten Fragen des Lebens geht." |
Die Welt führte aus: "In der Diskussion über die Sterbehilfe gibt es noch ein anderes Argument. Es ist im Grunde ein Versprechen. Versprochen wird, dass mit einer bestimmten Erweiterung der Medizin das qualvolle Sterben in ein friedliches Sterben überführt werden kann - und so die Option des Suizids überflüssig wird. Diese Erweiterung soll die Palliativmedizin bieten. Seit in Deutschland die Gesetzesinitiative für den assistierten Suizid unterwegs ist, ist das Wort palliativ' in aller Munde - bis hinauf zum Gesundheitsminister und zur Bundeskanzlerin. Mit diesem Wort wird eine sanfte medizinische, pflegerische, soziale und spirituelle Begleitung verbunden, die es ermöglichen soll, alle qualvollen Sterbeprozesse zu vermeiden. (...) So bleibt am Ende doch die Gefahr eines qualvollen Todes bestehen. Gegenüber dieser Gefahr ist der assistierte Suizid ein begründbarer letzter Ausweg. Die Mehrzahl der Menschen wird nicht in die Lage kommen, von dieser Ultima Ratio Gebrauch zu machen. Und doch ist das Bestehen dieser Option von entscheidender Wichtigkeit für alle Menschen - als eine Schutzvorrichtung, damit dem Ende des Lebens nicht ein für alle verbindlicher und überwachter Zwangsverlauf verordnet wird. Die Entscheidung über das richtige Sterben muss der Privatsphäre der Menschen anvertraut bleiben, und das bedeutet nicht, sie allein zu lassen. Viel eher wird es den Wert von Ehe, Familie und guten Freunden erhöhen." |
Die Mittelbayerische Zeitung betonte: "Das Gefühl, den eigenen Tod vor Augen zu haben, lässt sich nicht wirklich simulieren. Das macht Antworten so schwierig. Aufgabe der Gesellschaft ist es, todkranke Menschen bestmöglich palliativ zu begleiten. Dazu braucht es geeignete Pflegekräfte und ausreichend Plätze in Hospizen und Palliativstationen. Kein Sterbender sollte sich den Tod herbeiwünschen, weil er schlecht versorgt ist. Erst danach kann man über einen ärztlich begleiteten Suizid nachdenken. Der Weg dahin ist lang." |